Klosterfrau Award 2011

Klosterfrau Award 2011

Neue Erkenntnisse zu chronischen Umbauprozessen  in der Lunge von Asthmatikern
Kanadische Wissenschaftlerin mit dem  „International Klosterfrau Research Award of Airway Diseases in Childhood“ ausgezeichnet

Graz – Asthma bronchiale geht mit einem weitreichenden Remodeling der Atemwege einher, das die Symptomatik maßgeblich bestimmt. Die zu Grunde liegenden pathogenetischen Prozesse sind allerdings noch weitgehend unklar. Der kanadischen Wissenschaftlerin Dr. med. Tillie-Louise Hackett vom St. Paul`s Hospital an der British-Columbia Universität in Vancouver (Kanada) ist nicht nur der Nachweis gelungen, dass sich mit TGF-β1 in Lungenepithelzellen eine EMT (epitheliale-mesenchymale Transition) induzieren lässt. Sie konnte auch zeigen, dass die EMT bei Epithelzellen von Asthmatikern stärker ausgeprägt ist als bei Lungenepithelzellen Gesunder. Durch die EMT wird die Zahl der Fibroblasten im Lungengewebe erhöht und damit möglicherweise das Remodeling vorangetrieben. Anlässlich der Jahresversammlung der Gesellschaft für Pädiatrische Pneumologie in Graz wurde Hackett mit dem „International Klosterfrau Research Award of Airway Diseases in Childhood 2011“ ausgezeichnet. Der zweite Preis, vergeben als „Research Grant“, ging an den Assistant Professor Dr. med. Robert J. Freishtat vom Children`s National Medical Center in Washington DC, für seine Forschungsarbeiten zur intrinsischen inflammatorischen Aktivität von Lungenepithelgewebe.
Bei Asthma bronchiale kommt es zu einem chronischen Remodeling der Atemwege. Das bedeutet strukturelle Veränderungen der Lungenwände, unter anderem mit Hypertrophie des glatten Muskelgewebes, Membranverdickung, Angiogenese sowie submukosaler Fibrose. Dieser Umbauprozess trägt wesentlich zur kontinuierlichen Abnahme der Lungenfunktion und damit auch zur Symptomatik der Erkrankung bei. Bislang ist der Mechanismus aber nur unzureichend verstanden. Die Kenntnis darüber ist aber für eine noch effektivere Therapie enorm wichtig. Von Bedeutung scheint jedoch die Akkumulation von Fibroblasten in der Lunge zu sein, die unter anderem die Synthese und Sekretion extrazellulärer Matrixproteine induzieren. Weshalb es zu einem Anstieg der Fibroblasten im Lungengewebe von Asthmatikern kommt, ist weitgehend unklar.
Im Fokus des wissenschaftlichen Interesses: EMT als „Fibroblastenlieferant“
In den Fokus des wissenschaftlichen Interesses ist seit einiger Zeit die EMT gerückt, die sich im Lungengewebe abspielt und für einen erhöhten Fibroblastenpool sorgen könnte. Aus Tiermodellen war bekannt, dass die EMT an der Fibrosierung in Nieren, Leber und Lunge beteiligt ist. Dr. med. Tillie Louise Hackett von der British-Columbia Universität in Vancouver (Kanada) ging diesen Zusammenhängen genauer auf den Grund. Sie untersuchte in zwei In-vitro-Testsystemen den Effekt von TGF(transforming growth factor)-β1 auf primäre humane Lungenepithelzellen von gesunden Probanden und Patienten mit Asthma. Dabei sollten die Fragen beantwortet werden, ob sich mit dem Transformationswachstumsfaktor in humanen Lungenepithelzellen eine EMT induzieren lässt und ob dieser Prozess bei Gesunden und Menschen mit Asthma unterschiedlich verläuft. Auch die beteiligten Signalwege und Zelltypen sollten genauer ins Visier genommen werden. Dazu wurden primäre Lungenepithelzellen von acht Patienten mit  Asthma und zehn gesunden Probanden in Monolayer-Kulturen und Air-Liquid-Interface (ALI)-Kulturen angelegt. Nach der Behandlung mit TGF-β1 über 72 Stunden untersuchten Hackett et al. das Lungengewebe auf mesenchymale und epitheliale Marker mittels quantitativer Polymerase-Kettenreaktion, konfokaler Mikroskopie und Immunblot. Charakterisiert wurde die EMT durch Änderungen in der Zellmorphologie sowie der vermehrten Expression mesenchymaler Marker (z. B. EDA (extra domain A)-Fibronectin, Vimentin, alpha-SMA (smooth muscle actin), Kollagen-1) und die verminderte Expression epithelialer Marker (z. B. E-Cadherin, zonulares Occludin 1).
Vermehrte EMT bei Lungenepithelzellen von Asthmatikern
In Monolayer-Kulturen konnte die Preisträgerin erstmals zeigen, dass kultivierte humane primäre Lungenepithelzellen unter Einfluss von TGF-β1 eine EMT durchlaufen. Dabei fand sie zunächst keine Unterschiede zwischen Epithelzellen gesunder Probanden und Patienten mit Asthma. Anders das Ergebnis in differenzierten Multilayer-ALI-Kulturen, die es ermöglichen, den Effekt von TGF-β1 auf spezifische Zelltypen zu untersuchen. Auch in diesem Test-System ließ sich mit TGF-β1 eine EMT induzieren. Bei den Epithelzellen gesunder Probanden beschränkte sich dies jedoch auf die Basalzellschicht. Bei den Epithelzellen von Asthmatikern stieg dagegen die Zahl der Zellen, die Basalzellmarker Cytokeratin-5 und p63 exprimieren, an. Und bei all diesen Zellen konnte per TGF-β1 eine EMT induziert werden. Die Anzahl der Zellen, die eine EMT durchlaufen, ist bei Asthmatikern größer als bei Gesunden, fasste Hackett zusammen. Dies stützt aus ihrer Sicht die Hypothese, dass epitheliale Repairmechanismen in den Atemwegen von Asthmatikern dysreguliert sind, möglicherweise durch kontinuierliche Verletzung des epithelialen Gewebes. Diese Ergebnisse sind ein großer Schritt, um langfristig zur optimalen Therapie zu kommen.
Neue Daten zum Entzündungsprozess bei Asthma: Lungenepithel als intrinsisch inflammatorisches Gewebe
Asthma bronchiale lässt sich mit Glukokortikoiden effektiv behandeln, nicht jedoch mit Substanzen, die sich gegen spezifische inflammatorische Botenstoffe richten, wie etwa IFN-gamma oder IL-12. Das legt die Vermutung nahe, dass am asthmatischen Entzündungsprozess auch nicht-inflammatorische Zellen beteiligt sind, etwa Epithelzellen. Der zweite Preisträger, Dr. Robert J. Freishtat machte sich deshalb in einem Modell zur epithelialen Inflammation, allerdings ohne Entzündungszellen, auf die Suche nach intrinsischen und Glukokortikoid-abhängigen Eigenschaften von Lungenepithelzellen. Sein Ergebnis: Das Lungenepithel von Asthmatikern verfügt über intrinsisch inflammatorische und fibrinogene Eigenschaften. Seine Regenerationsfähigkeit ist reduziert. Mit Dexamethason lassen sich diese Prozesse günstig beeinflussen.
Der „International Klosterfrau Award for Research of Airway Diseases in Childhood 2011“ ist mit  30.000 € dotiert. Der „International Klosterfrau Grant for Research of Airway Diseases in Childhood“, der zum dritten Mal vergeben wurde, ist mit 20.000 € dotiert. Beide Preise zeichnen Wissenschaftler aus, die sich in der Grundlagenforschung, Diagnostik und Therapie von Atemwegserkrankungen in der Kindheit verdient machen.
Quelle: 
33. Tagung der Gesellschaft für Pädiatrische Pneumologie, 2. April 2011, Graz, Österreich

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